Liebe das, was Du tust – Singen im freien Klang

Das, was ich liebe, das erfüllt mich, das mobilisiert meine stärksten inneren Kräfte – das was ich liebe, wird schön – ist schön. Wenn ich singe und ich bin mit mir selbst im Reinen, dann bin ich mutig und gebe nicht auf, bleibe dabei. Das Singen aus der Mitte, im freien Klang, ist ein Prozess, der die eigenen Kräfte stärkt. Es ist nicht im herkömmlichen Sinne eine Technik – es ist eine „Technik“, die mein Körper zur Verfügung stellt, wenn ich mich auf meine körperlich-seelische Mitte konzentriere. In meiner Mitte lerne ich mich kennen, meine Stärken und natürlich auch meine Schwächen und Ängste.

Das Kennenlernen, das Hineinspüren in den Ton, in den Text, in die Musik – das alles ist ein Prozess. Ich lerne von innen zu spüren und so bemerke ich, wo ich noch nicht frei bin, wo ich noch kontrolliere und festhalte. Je freier ich werde, desto durchlässiger wird mein Körper – denn mein Körper ist mein Instrument und meine Seele singt in meinem Körper. Das Hineinspüren in den Text und die Musik ist in unserer heutigen Zeit, in der alles so schnell gehen muss, nicht selbstverständlich. Wirklich einzutauchen bedeutet auch, sich Zeit zu nehmen für sich und die Musik. Eine liebevolle Hinwendung zu dem, was ich tue, ist auch eine Form der Selbstliebe. Es ist ein innerer Wachstumsprozess, der mit dem Singen aus der Mitte einhergeht. Nicht nur mein Gesang wird immer schöner, sondern auch mein Innerstes immer leuchtender.

Zentriertes Singen ist gesund und heilsam

Im Gesang, wie auch im Leben, ist es gesund, in seinem Ausdruck natürlich zu bleiben. Wir beginnen, wenn wir singen wollen, immer in unserer körperlich-seelischen Mitte. Das bedeutet: In dem Wissen, dass der Ton auf uns zu kommt, sind wir bereit, erwartungsvoll, in gesunder Spannung und doch im Zwerchfell gelöst, um dann gar nicht anders zu können, als im rechten Moment einzusetzen. Auch unser Gesicht beginnt nicht vorher, den Ton zu formen – sonst ziehen wir uns aus unserer Mitte wieder heraus. Der Ausdruck beginnt in unserer Mitte und spiegelt sich dann im Gesicht wider und nicht umgekehrt.

Wenn wir dann singen, ist es sehr hilfreich, sich in Atempausen immer wieder im Zwerchfell zu lösen. Wir bewegen den Text, den Gesang in unserer inneren Mitte – dadurch blüht er auf. Konzentrieren wir uns darauf, den Ausdruck in unserer Mitte zu finden, sind wir automatisch im Sog (inhalare la voce) – und damit wird gewährleistet, dass unsere Stimme von der Muskulatur des Zwerchfells gestützt wird. Auch der Registerwechsel ist dann vom Sänger nicht mehr zu spüren. Jeder übertriebene Ausdruck, jede zu starke Anspannung im Körper, im Gesicht machen den Eindruck, als ob wir uns „abarbeiten“. Der Klang der Stimme wird dadurch nicht schöner.

Wir können darauf vertrauen, dass Körper, Seele und Geist in unserer Mitte wirksam sind. Das ist gesund – das ist heilsam.