Liebe Mitsängerinnen und liebe Mitsänger,
hallo, liebe Überlinger und liebe Oldenburger,
schon Vieles habe ich in meinem Blog über das zentrierte Singen geschrieben – über das Üben meiner Sängermitte aber noch nicht.
Es ist vielleicht genauso, wie es beim Meditieren ist: Am Anfang ist alles ungewohnt, in meinem Kopf schwirren tausend Gedanken, ich bin noch unruhig und unkonzentriert. Doch konzentriere ich mich auf z. B. meinen Atem oder ein Bild oder einen Gegenstand, bleibe mit Leib und Seele dabei, wird mein Atem immer ruhiger, das Bild vor mir immer klarer und ich spüre, dass ein Teil von mir sehr konzentriert bleibt und fortwährend tiefer eintaucht, während ein anderer Teil zurücktritt. Man könnte diesen anderen Teil vielleicht als unser Alltags-Ich bezeichnen. Es ist nicht mehr wichtig, was ich nach der Meditation zu tun habe; ob ich alles richtig mache, tritt völlig aus meinem Sinn. Ruhe und Frieden kann sich einstellen.
Beim Singen ist es ähnlich, wenn ich meine Mitte suche. Ich komme zur Ruhe, meine Konzentration liegt ganz auf dem, was ich vortragen möchte, alles andere tritt in den Hintergrund. Ist tief in mir eine Spannung, wird sich das jetzt bemerkbar machen – sie wird sich lösen und mich erlösen. Das aber, was das zentrierte Singen wirklich ausmacht, ist, dass sich jetzt etwas sehr Schönes einstellt: eine große Spielfreude, ein Glücksgefühl, getragen zu werden im sängerischen Vortrag.
Das Üben meiner sängerischen Mitte ist für mich wie ein seelisches Workout – das empfinden auch alle meine Schüler so. Es beginnt etwas zu wachsen, was ich nicht mit Worten erklären kann – es ist etwas in meiner Seele, in meinem Bewusstsein, was ich stärke, was mich stärkt. Ich setze eine schöne Schwingung in diese Welt, die sie ein wenig besser macht. Ja, in dem Moment, in dem ich aus meiner Mitte singe, ist die Welt schön!
So ist es, und das wollte ich Euch mitteilen.
Eure Vivian Middelmann