Zentriertes Singen ist gesund und heilsam

Im Gesang, wie auch im Leben, ist es gesund, in seinem Ausdruck natürlich zu bleiben. Wir beginnen, wenn wir singen wollen, immer in unserer körperlich-seelischen Mitte. Das bedeutet: In dem Wissen, dass der Ton auf uns zu kommt, sind wir bereit, erwartungsvoll, in gesunder Spannung und doch im Zwerchfell gelöst, um dann gar nicht anders zu können, als im rechten Moment einzusetzen. Auch unser Gesicht beginnt nicht vorher, den Ton zu formen – sonst ziehen wir uns aus unserer Mitte wieder heraus. Der Ausdruck beginnt in unserer Mitte und spiegelt sich dann im Gesicht wider und nicht umgekehrt.

Wenn wir dann singen, ist es sehr hilfreich, sich in Atempausen immer wieder im Zwerchfell zu lösen. Wir bewegen den Text, den Gesang in unserer inneren Mitte – dadurch blüht er auf. Konzentrieren wir uns darauf, den Ausdruck in unserer Mitte zu finden, sind wir automatisch im Sog (inhalare la voce) – und damit wird gewährleistet, dass unsere Stimme von der Muskulatur des Zwerchfells gestützt wird. Auch der Registerwechsel ist dann vom Sänger nicht mehr zu spüren. Jeder übertriebene Ausdruck, jede zu starke Anspannung im Körper, im Gesicht machen den Eindruck, als ob wir uns „abarbeiten“. Der Klang der Stimme wird dadurch nicht schöner.

Wir können darauf vertrauen, dass Körper, Seele und Geist in unserer Mitte wirksam sind. Das ist gesund – das ist heilsam.

Singen im freien Klang – Singen im Flow

Der Flow, der sich im zentrierten Singen einstellen kann, ist eine nahezu unbeschreibliche Erfahrung. Es ist nicht nur eine körperliche Bewusstheit, die sich einstellt, eine totale Balance von Körper und Seele, sondern auch eine Klangerfahrung, die immer wieder überwältigend ist. Eben noch war ich müde, habe ganz gut gesungen, doch irgend etwas fehlte – die Leichtigkeit? – die völlige Durchdringung des Raumes? – habe ich irgendwo festgehalten? – fehlte es an Textverständnis? – oder ist mir meine Freude abhanden gekommen und zuviel Anstrengung da? Eigentlich hatte ich schon aufgegeben und war irgendwie mutlos und ein wenig enttäuscht. Doch ich habe mich „aufgerappelt“ und meine Arie trotz Müdigkeit noch einmal gesungen. Und dann passierte es: Ich wurde wie von Zauberhand getragen – alles war ganz leicht, mein Klang stark, mein Ausdruck tief, meine Farben leuchtend, meine Müdigkeit verflogen. Ich war ganz in mir, in meiner Musik und in meiner Freude. Ich war ganz in meiner Mitte, ganz im Flow.

Ich bin, also singe ich

Ich bin
Ich spüre in mich hinein
Ich vergesse die Zeit
Ich fühle Musik
Ich bin Musik
Ich klinge
Ich bin Schwingung
Ich fühle mich wohl
Ich höre meinen Klang
Ich bin groß
Ich weite mich
Ich fühle die Freude, die mich durchströmt
Es ist lustvoll
Es ist kraftvoll
Es fließt durch mich hindurch
Ich fühle mich frei
Ich singe

Warum es heilsam ist, zentriert zu singen

Ein Mensch, der in seiner Mitte ruht, ist entspannt und ausgeglichen. Er handelt aus seiner Ruhe heraus und ist dabei in einem friedvollen und freudvollen Gemütszustand. Dieses geistige Wohlbefinden spiegelt sich im Körper und in der Stimme. Der Mensch ist gesund.

Doch auch in bewegten Zeiten, können wir lernen,  Ruhe zu bewahren, zuversichtlich zu sein und nach Lösungen zu suchen. Dabei ist es wichtig, sich selbst wahrzunehmen und gegebenenfalls Änderungen im Leben vorzunehmen,  um gesund zu bleiben. Im Singen spüren wir, wie schön und leicht die Stimme geführt werden kann, wenn wir in unserer Balance, in unserer körperlich-seelischen Mitte sind. Wir können loslassen und uns ganz dem Musikstück hingeben – singen wird einfach.

Wir spüren aber auch, was nicht funktioniert und was die Stimmbänder belastet, was krank macht:
– zu starker Ehrgeiz
– mentales „machen wollen“
– Kritiksucht – auch sich selbst gegenüber
– körperliche Anspannung durch Stress
– Unsicherheit
– Mutlosigkeit
usw.
Über den Klang der Stimme hören wir, ob wir zentriert singen,  und so können wir unser Bewusstsein immer wieder in unsere körperliche Mitte lenken. Finden wir unsere Mitte, so bekommen wir Hilfe: Körper und Geist vereinen sich. Es ist wunderbar,  ja,  es ist wie ein Wunder, denn das Singen bekommt auf einmal eine hohe Qualität, Leichtigkeit und gleichzeitig Tiefe. In seiner Mitte ruhend, findet der Mensch, findet der Sänger nicht nur seine gesunde Stimme, sondern allgemein Gesundheit.

Singen – die zentrierte Stimme und Dein Selbst

Aus seiner Mitte zu singen, ist der direkteste Weg, um singen zu lernen. Für den Laiensänger ist es verblüffend einfach, die eigene Stimme klingen zu hören. Professionelle Sänger erleben diesen direkten Zugang zu ihrer Stimme als befreiend. Obwohl ich nicht technisch unterrichte, stellt der Körper des Sängers die erforderliche Technik zur Verfügung, sobald der Sänger seine körperlich-seelisch-geistige Mitte gefunden hat: die sängerische Stütze stellt sich automatisch ein, die Sprache wird sehr deutlich und verständlich, der Klang geht unter die Haut. Es ist ein Phänomen, das man kaum in Worte fassen kann, sondern wirklich erleben muss. Aus seiner Mitte zu singen, bedeutet auch sich selber wieder zu berühren – und das löst eine unglaubliche Freude aus!

Heilung der erkrankten Sängerstimme durch zentriertes Singen und bioenergetische Heilbehandlung

Ich möchte durch diesen Text die Aufmerksamkeit von Sängerinnen und Sängern, die im klassischen Bereich tätig sind und Probleme mit Ihrer Stimme haben, auf unsere Heilarbeit richten. Wir sind:

1. Eckart Matthias Seeck, Pianist, Klavierpädagoge, Komponist und ein exzellenter Korrepitior. Als Begleiter gibt er dem Sänger größtmögliche gestalterische Freiheit. Er erspürt innhaltliche und klangliche „Unrundheiten“ und ist außergewöhnlich musikalisch sensibel.

2. Vivian Middelmann, Sängerin, Gesangspädagogin und Heilerin nach Horst Krohne.  Seit 10 Jahren arbeite und singe ich mit Eckart Matthias Seeck zusammen. Das zentrierte Singen und die Arbeit mit Musikern ist unser gemeinsames Anliegen und zu einer unserer Lebensaufgaben geworden (Musik: Consulting-Team). Als Pädagogin und Sängerin möchte ich meine Erfahrungen an Sänger/innen weitergeben.  Zentriertes Singen führt zu größtmöglicher Stimmgesundheit und Qualität im musikalischen Ausdruck. Als hellfühlige Musikerin und Pädagogin spüre und lenke ich die Aufmerksamkeit des Sängers und helfe ihm, seine körperlich-seelisch Mitte zu finden. Als Heilerin nach Horst Krohne habe ich Möglichkeiten, Sängerinnen oder Sängern zusätzlich Hilfe zu schenken, indem ich sie energetisch behandele, falls Stimmprobleme oder andere körperliche Probleme vorhanden sind. In der Verbindung all dieser Fähigkeiten sind wir ein einzigartiges Team: Wir verhelfen Sängerinnen und Sängern nicht nur zu Ihrem besten und einzigartigen Ausdruck und zu einer Leichtigkeit und Freude in ihrem Gesang, sondern zur Gesunderhaltung und zum Wiedergesunden ihrer Stimme.

Der direkte Weg zur eigenen Stimme – zentriertes Singen

Im Gesangsunterricht stelle ich immer wieder fest: Wir können über unsere Mitte ohne Umwege direkt in unseren ureigenen Klang kommen. Das gilt sowohl für einen Schüler in seinen ersten Stunden als auch für professionelle Sänger. Sehr viel schneller als durch technische Methoden findet der Sänger über seine körperlich/seelische Mitte einen Zugang zu seiner Stimme. Er spürt schon in den ersten Stunden den Unterschied: Je freier er singt, je mehr er seine Mitte findet, desto größer und raumfüllender wird sein Klang. Er lernt auch, dass Anstrengung nicht zum Erfolg führt, sondern die körpereigene Weisheit außer Kraft setzt. Singt ein Sänger zentriert, singt er
– sauber (das Hören, ob sauber oder unsauber fällt völlig weg)
– verständlich – jedes Wort wird verstanden (auch hohe Stellen in einem Lied!). Die Worte sind in ihrer seelischen Qualität zu spüren.
– im Klang – der Raum wird ganz und gar erfüllt mit seinem Gesang
– berührend – denn er verbindet sich seelisch mit dem Lied und kann so die Zuhörer auf seiner Reise mitnehmen.
– frei und freudvoll, und dadurch entfaltet sich das Gesangsstück auf zauberhafte Weise.
– magisch – die Zuhörer sind gebannt und weichen nicht von seinen Lippen.
Es lohnt sich, auch weite Wege auf sich zu nehmen, um auf diese Weise singen zu lernen.

Singen – Die Heilkraft liegt in Deiner Mitte

In meinem Gesangsunterricht „Singen im freien Klang“ fühlt sich der Gesangsschüler in seine körperlich-seelische Mitte hinein. Die Liedtexte, die er oder sie zunächst liest, werden hierdurch umfassender und tiefer erfahren. Es fühlt sich so an, als ob in unserer Mitte ein inneres Wissen ist, wie sich der Text liest. Wenn wir uns Zeit nehmen und nach innen hören und unseren Willen entspannt zurücknehmen, kommen die Worte wie von allein: „Es liest“ und ich nehme erstaunt wahr, dass ich erst jetzt den Text verstehe. Es ist nicht der Verstand,  der versteht,  sondern Herz und Verstand vereinen sich vollständig im Erfassen des Textes. Habe ich nun den Text verinnerlicht, kann ich ihn singen, und zwar in einer ganz anderen Qualität als vorher. Dieses Wahrnehmen-können, dieses Sich-hineinfühlen-können, lässt die Stimme aufblühen und heilen. Der Körper entwickelt Heilkraft – der Mensch ist auf dem Weg zu sich selbst. Wenn ich im Singen „meine Mitte“ immer wieder neu suche und finde, so gelingt es mir auch, in meinem Leben wahrzunehmen, was mir gut tut und was nicht.

Singen im freien Klang und Focusing

In den letzten Wochen habe ich mich mit „Focusing“ beschäftigt. Entwickelt wurde diese „Technik“ von Prof. Dr. Eugene T. Gendlin, der Präsident des Internationalen Focusing-Instituts New York ist und an der Universität Chicago Verhaltenswissenschaften und Philosophie lehrte. Prof. Gendlin zeigt uns, wie wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere Körpermitte richten können, um wahrzunehmen, was wir dort fühlen können. Doch das, was wir dort in unserem Innern wahrnehmen, ist mehr als wir zunächst in Worte kleiden können. Wir kennen die Emotionen Angst, Ärger, Wut … Das, was wir aber in unserem Innern wahrnehmen, ist „breiter“ und geht viel tiefer. Es ist ein unbestimmtes, unerklärliches, oft auch unangenehmes Gefühl, das wir zunächst nicht in Worte fassen können. Unser Körper ist allerdings in der Lage, Worte für diese Wahrnehmung zu finden, ja unser Körper, nicht unser Verstand! Wir können unsere Aufmerksamkeit auf unseren Körper, oft ist es unsere Körpermitte, richten und dieses Gefühl, Gendlin nennt es „Felt Sense“, befragen, was es uns denn sagen will. Jetzt ist es wichtig, uns Zeit zu geben, damit unser Körper Worte und Bilder findet (nicht der Verstand), die wir als „richtig“ empfinden. Die Worte, die dann kommen, haben eine besondere Qualität, sie gehen tiefer und zeigen in eine neue Richtung. Wenn ich das richtige Wort, mit der richtigen Bedeutung gefunden habe, folgt im Körper eine Erleichterung, als ob er sagen wollte: endlich hast Du mich gehört und nimmst mich ernst! Gendlin nennt diese Erleichterung einen „Shift“. Aus diesem „kleinen“ Schritt folgt meist eine Lösung des Problems und eine persönliche Weiterentwicklung. Das was Gendlin mit dem „Focusing“ aufzeigt, ist ein natürlicher Vorgang in unserem Körper.

Ich gehe davon aus, das jeder von uns schon einmal „Focusing“ gemacht hat, ohne es zu wissen. Doch es ist wichtig, Bewusstsein zu entwickeln, damit wir in Problemzeiten unsere Körperweisheit befragen können. Unser Verstand gibt uns meist keine Lösung. Oft hängen wir in Endlosschleifen in den immer gleichen Gedankengängen fest, wie in einem Gefängnis. Unser Körper bringt uns die Öffnung, die Erleichterung und die Lösung und damit eine persönliche Weiterentwicklung. Wir wachsen über uns hinaus!

In meinem Gesangsunterricht „Singen im freien Klang“ ( jetzt in Oldenburg und Überlingen)  geht es auch darum, das Bewusstsein in die eigene Mitte zu führen und sich zu fühlen. Gerade in negativen Gefühlswahrnehmungen liegen unsere größten Entwicklungschancen. Aus unserer Mitte zu singen, bedeutet, in unserer körperlich-seelischen Balance zu sein. Dann fühle ich die Bedeutung der Liedtexte und kann sie frei singen. Es fühlt sich dann ganz leicht an, die Stimme bekommt Flügel, der Körper fühlt sich durchströmt und beglückt an. Ja, wir beglücken uns selbst und alle die uns singen hören. Wir wachsen über uns hinaus! PS. Die Bücher von Eugene T. Gendlin sind lesenswert und bewusstseinserweiternd. Man spürt zwischen den Zeilen eine wunderbare Persönlichkeit.

Gesangspädagogik in Berlin

Als Gesangspädagogin muss ich die Fähigkeit haben, den Sänger in seiner Gesamtheit wahrzunehmen: Wie ist seine seelische Verfassung, wie seine Körperhaltung, wo spüre ich Unsicherheiten und Blockaden, was fehlt an der Klangqualität und wie kann ich den Sänger in die Zentrierung führen, damit er die Einheit eines Gesangssstückes spürt? Was hat die Sprache mit dem Klang zu tun? Und natürlich: In welcher Stimmlage soll der Sänger singen und welche Gesangsstücke sind für seine Stimme gesund? Ich muss als Pädagogin natürlich selber Sängerin sein und jahrelange Erfahrung im Lied-, Kirchen- oder Operngesang haben. Auch als Pädagogin muss ich immer weiter an mir arbeiten, um auch selbst im Gesangsunterricht zentriert zu sein. Es gibt viele geniale Sänger, die Gesangspädagogen sind. Doch gerade wegen ihrer Genialität können sie sehr intuitiv singen. Gerade deshalb fehlt es ihnen im Unterricht oft am Wissen von der Einheit von Körper und Seele. Es wird ständig im Detail gearbeitet. Dadurch können die Gesangsstücke vom Schüler nicht mehr als Einheit empfunden werden. Das ist für den Schüler nicht hilfreich, eher wird er stark verunsichert. Er muss ja während er singt ständig an dieses oder jenes denken. Welcher Sänger kennt nicht die vielen Eintragungen in seinen Noten, die ihn erinnern sollen. Das wirft den Sänger aber aus seiner Mitte und exponierte Töne werden zu Zitterpartien. Die Einheit des Stückes geht verloren. Natürlich könnte man meinen, der geniale Sänger hatte doch auch Unterricht und gibt jetzt sein Wissen weiter. Ich glaube eher, dass er durch seine Genialität seinen Gesangsunterricht überlebt hat. Dazu muss man sagen, dass viele, viele begabte junge Sänger durch einen auf technische Details gerichteten Unterricht aus ihrer Bahn geworfen werden! Sie lassen sich verunsichern! In der heutigen Gesangspädagogik fehlt es an Bewußtsein: Körper, Geist und Seele sind eine Einheit. Aus dieser Einheit heraus muss gesungen werden. Dann werden vermeintlich schwere Gesangsstücke leicht gemeistert. Natürlich gehört auch übung dazu, aber es muss aus der Sängermitte heraus geübt werden! Auch geniale Sänger können in eine persönliche Krise geraten, die dann oft in eine Stimmkrise führt. Seelische Probleme zeigen sich im Körper immer dort, wo der Mensch am verletzlichsten ist: beim Sänger natürlich in der Stimme. Spätestens jetzt wäre ein Wissen über die Sängermitte so wichtig und wie man sie in der Krise wiederfinden kann. Das ist heilsam für den Körper und die Seele. Das ist heilsam für die Stimme! Das ist die neue Gesangspädagogik, die neue Gesangspädagogik in Berlin.